Lendi Mustafa

«[…] Ich würde den Kosovo nie verlassen – viel zu sehr liebe ich das Chaos hier. Im Kosovo musst du immer an etwas arbeiten oder etwas reparieren. Alles ist schlecht oder kaputt… Das zu verändern oder zu reparieren motiviert mich, hier zu bleiben. […]»


Lendi Mustafa ist 22 Jahre alt, trägt meist dunkle Kapuzenpullis und flitzt mit seinen Rollerskates quer durch Pristina. Als Projektmanager verdient er seinen Lebensunterhalt beim Center of Equality and Liberty. In seiner Kindheit träumte Lendi davon, ins Militär zu gehen. Diesen Traum konnte er allerdings nie verwirklichen. Aufgrund seiner Geschlechtsidentität wurde ihm der Militärdienst im Kosovo verweigert. Lendi ist der erste Mensch, der sich im Kosovo offiziell als Transgender Person geoutet hat. Mit seinem Coming-out hat er ein gesellschaftliches Tabu angesprochen, welches seinen Alltag stark verändert hat. Sein Gesicht wird zum Symbol von Veränderung und Widerstand. Er gilt als Pionier der LGBTI Bewegung und investiert enorm viel Zeit und Energie in die Entwicklung der noch jungen LGBTI-Community. Landesweit organisiert er Workshops, um die Menschen zu sensibilisieren. Freizeit hat er kaum, den oft kümmert er sich irgendwo um jemanden. Obwohl er im Alltag immer wieder mit verbalen und physischen Attacken konfrontiert wird, setzt er sich – mit allen Mitteln, die ihm zu Verfügung stehen – für die LGBTI Minderheit im Kosovo ein. Heute träumt er von einer eigenen LGBTI Bar, ein Ort in welchem jeder Mensch willkommen ist, ungeachtet des Geschlechts.

Adelina Tërshani

«[…] Die Menschen hier in Pristina kennen mich unter der Bezeichnung ‹die Schreiende› oder benennen mich nach meinem Poetry Slam ‹Die Logik des Patriarchats›. […]»


Adelina Tërshani ist 22 Jahre alt und Feminismus-Aktivistin. Seit Kurzem arbeitet sie für die NGO Kosovo’s Women’s Network. Aufgewachsen in einem kleinen Dorf in der Nähe von Lipjan, erfuhr sie bereits im Kindesalter die patriarchalischen Strukturen des Landes. Das Patriarchat ist dominant vertreten im Kosovo, sei es in Institutionen, in der Gesellschaft oder in den eigenen vier Wänden.
Während der Demonstration am 8. März 2019 folgt die Menschenmasse Adelinas Stimme. An vorderster Front, brüllt sie sprachgewandt fordernde Aussagen in ihr Megafon. Als ein alter Mann sie zum Schweigen auffordert, lacht sie und schreit lauter. Es ist nicht das erste Mal, dass Männer von ihr verlangen, zu schweigen. Drohungen wie «Sie solle ruhig sein, ansonsten werde sie tot enden oder vergewaltigt werden», gehören zu ihrem Alltag als Aktivistin. Als Aktivistin kritisiert sie den Kosovo täglich – ein Idealbild vom Kosovo hat sie allerdings nicht.